Die Ideologie zum Job machen – MitarbeiterIn in der AfD
01.09.2018
Mit dem Einzug der AfD in mehrere Landesparlamente und den Bundestag, bietet die Partei sowohl ein politisches Wirkungsfeld, als auch Karriereoptionen. Die meisten Abgeordneten verfügen gleich über mehrere MitarbeiterInnen. Für Aufsehen sorgte die Anstellung von Maximilian Tischer beim hessischen Bundestagsabgeordneten Jan Nolte. Zur Zeit seiner Einstellung wurde bereits gegen Tischer ermittelt, da er verdächtigt wird, gemeinsam mit Franco Albrecht eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Tischer soll hierzu eine Liste geschrieben haben, bei der die Bundesanwaltschaft vermutet, sie könne mögliche Anschlagsziele enthalten. Ein unbeschriebenes Blatt ist Tischer schon vorher nicht gewesen, so hatte der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr 2015 gegen ihn ermittelt, weil er eine Person ermuntert haben soll, „etwas“ gegen Flüchtlinge zu unternehmen. Zwei weitere Mitarbeiter waren bereits in der hessischen AfD/JA Wegbegleiter von Nolte. Sowohl Jochen Roos als auch Gerry Kreutzer kennt Nolte aus der Zeit als diese noch im Kreisverband der AfD Offenbacher Land bzw. Wetterau aktiv war. Des weiteren beschäftigt er den Blaue Narzisse-Autor Julian Islinger, der auch Mitglied in der Hamburger Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock ist, welche wiederum im Dachverband Coburger Convent organisiert ist.
Mit Katrin Nolte arbeitet auch seine Frau in Berlin bei der AfD-Fraktion. Katrin Nolte ist als Moderatorin für Compact-TV bekannt geworden. Compact-TV ist das Video-Format der gleichnamigen neurechten, verschwörungsideologischen Zeitschrift von Jürgen Elsässer. Nun ist sie Referentin, des ebenfalls aus Hessen stammenden Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann. Hohmann war 2004 aus der CDU geflogen, nach dem er eine zutiefst antisemitische Rede gehalten hatte, in der er die These in den Raum stellte, die „Juden mit einiger Berechtigung als ‘Tätervolk‘“ bezeichnen zu könnten.
Katrin Nolte bei Compact TV
Karrieresprungbrett Junge Alternative
Neben Jochen Roos haben weitere Vertreter der hessischen JA in Berlin einen neuen Job bekommen. Der ehemalige Frankfurter JA-Vorsitzende Dominik Class ist bei Joana Cotar angestellt. Darüber hinaus ist Jonas Batteiger nun Referent der ehemaligen Spitzenkandidatin aus Hessen Maria Harder-Kühnel. Batteiger hat durch ein Video auf sich aufmerksam gemacht, in dem er seine „Erfahrungen“ aus einem antirassistischen Workshop an der Universität vorstellt und damit versuchte, den Referenten zu diskreditieren. Ebenfalls bei Harder-Kühnel ist ein weiteres JA-Hessen-Vorstandsmitglied angestellt: Christan Rohde. Er gehörte, wie auch Class und Batteiger, zu einer Gruppe von JAlern, die an der Uni Frankfurt Flugblätter verteilten, in denen sie dazu aufriefen linke oder nur kritische WissenschaftlerInnen zu melden.
Class (li.), Batteiger (unten), Rohde (Brille) haben alle Jobs in der AfD bekommen
Magdeburger Landtag – die AfD als Arbeitgeber für rechte Burschen aus Hessen
Nicht nur die JA profitiert von den neuen Karrieremöglichkeiten, auch für extrem Rechte Burschenschaftler bietet die Parlamentsarbeit eine neue Option. Aus der ehemals in Gießen ansässigen Burschenschaft Dresdensia-Rugia zog es Matthias Ferdinand in den Landtag von Sachsen-Anhalt. Ferdinand studierte in Gießen und gehört der Dresdensia-Rugia an, welche seit den 90er Jahren als Kaderschmiede der NPD bekannt ist. Zu den bekannten „Alten Herren“ gehören unter anderem die ehemaligen sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Arne Schimmer und Jürgen Gansel. Diese politische Ausrichtung legte die Dresdensia-Rugia auch zu Zeiten von Ferdinand nicht ab. Im Landtag in Magdeburg arbeitet er nun als Fraktionsreferent für die AfD.
Matthias Ferdinand bei der Winterakademie des Instituts für Staatspolitik 2017 in Schnellroda
Aber auch die Burschenschaftler der MarburgerBurschenschaft Germania sind dem Ruf der AfD gefolgt. Die Germania Marburg gilt bereits als Knotenpunkt der extremen Rechten. Eine Zugehörigkeit bei der DB-Burschenschaft scheint demnach zuträglich bei der Vergabe von Referentenanstellungen. So gehen gleich mehrere „Bundesbrüder“ im Landtag von Sachsen-Anhalt in Magdeburg ein und aus. Darunter Robert Offermann, der allerdings nach einem kurzen Ausflug weiter nach Hamburg zog, wo er nun als Pressesprecher der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus tätig ist. Auch Andreas Graudin arbeitet aktuell für die AfD in Sachsen Anhalt. 2011 war er noch stellvertretender Vorsitzender in der extrem rechten Partei Pro Deutschland in Berlin und kandidierte im gleichen Jahr bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl für die Partei. Ebenfalls eine zentrale Rolle hatte er in der neurechten Denkfabrik Studienzentrum Weikersheim, wo er dem Präsidium angehörte. Ein weiterer Germane in Magdeburg ist Ben Berressem, der neben seiner Landtagstätigkeit, Beisitzer der Friesen-Stiftung – der Landesstiftung der AfD Sachsen-Anhalt – ist.
Nicht nur nach Sachen-Anhalt zieht es die Burschenschaftler der Germania. Nach Thüringen hat es Torben Braga gezogen. Braga ist hier Pressesprecher des Landesverbandes und Teil des Landevorstands und darüber hinaus Berater von Björn Höcke. Marcel Grauf tat es ihm im Landtag in Baden Württemberg gleich. Er arbeitet dort seit geraumer Zeit für die AfD-Abgeordneten Christina Baum und Heiner Merz. Um Grauf gab es zuletzt wegen Äußerungen aus einem internen Chat wirbel. Hier offenbarte er ein menschenverachtendes, zutiefst rassistisches und antisemitisches Weltbild. Dieses gipfelte darin, das er anmerkte: „Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde.“ Konsequenzen hat so etwas in der AfD nicht, im Gegenteil, die Berichterstattung darüber bezeichnet die Abgeordnete Christina Baum als Versuch, die AfD zu diskreditieren.
Hier wird deutlich, dass sich die MitarbeiterInnen der AfD aus dem gesamten extrem rechten Netzwerk speisen. Die AfD macht sich dies zu nutze, da sie aus ihrer Sicht, auf diese Weise gut ausgebildetes und ideologisch geschultes Personal bekommt. Es ist davon auszugehen, dass nach der hessischen Landtagswahl weitere MitarbeiterInnen aus dem extrem rechten Verbindungs- und Burschenschaftsmilieu von der AfD angestellt werden. Im Kontext der fortschreitenden Radikalisierung der Partei und der zunehmend völkischen Ausrichtung ist dieser Schritt nicht aus der Not geboren, sondern geschieht aufgrund eines übereinstimmenden Weltbildes.