AfD Marburg-Biedenkopf bei der Hessischen Landtagswahl 2023

Bezug nehmend auf die umfassende Veröffentlichung von afdhessen.net, wollen wir noch einige Informationen zur AfD Marburg-Biedenkopf ergänzen. Diese konzentrieren sich im Wahlkampf zu den Hessischen Landtagswahlen 2023 auf die Teile Marburg-Biedenkopfs, in welchen sie in den letzten Jahren verhältnismäßig wenig Gegenwehr erfahren haben. Das spiegelt sich sowohl in der Wahl der DirektkandidatInnen, Sonja Merkel (Biedenkopf) und Pascal Schleich (Homberg Ohm), als auch in der Lage der AfD Geschäftsstelle, in der Schelde-Lahn-Str. 242, 35719 Angelburg Gönnern, wieder.

Die AfD verschanzt sich in der Provinz

Während es auf der hessischen Rechercheseite zur AfD heißt:

„Oftmals am Rand der Stadt oder in Industriegebieten befinden sich die Geschäftsstellen der AfD. Sie sind unscheinbare Büros, ohne Parteilogo und fernab der Öffentlichkeit.“

afdhessen.net/#orte,

ist es im Landkreis Marburg-Biedenkopf eher der Rand des Landkreises, wo die AfD versucht, ihre Struktur weiter auszubauen.

In der Schelde-Lahn-Str 242 in 35719 Angelburg-Gönnern mietet der Kreisvorsitzende Julian Schmidt ein ehemaliges Tattoostudio an. In diesen Räumen richtete die AfD ihre Geschäftsstelle ein. Bisher fand mindestens eine Veranstaltung in diesen Räumlichkeiten statt: am 14.07.23 war Markus Resch geladen.

Reimund und Katrin Dittmann beim Sommerfest der AfD Marburg-Biedenkopf

Auch dieses Jahr veranstaltete die AfD Marburg Biedenkopf wieder ein Sommerfest. Dieses fand am 02.09.23 auf dem Gelände des Schützenvereins SpSV Breidenbach statt. Sowohl im Schützenverein, als auch in der AfD ist Dirk Winnebald Mitglied. Für den Sportverein trat er unter anderem bei den Bezirksmeisterschaften 2023 an. Das Ehepaar Reimund und Katrin Dittmann, die vor ein paar Jahren von der AfD zu den Freien Wählern gewechselt waren und sich noch letztes Jahr beim Sommerfest entschuldigten, waren dieses Jahr in Breidenbach wieder mit von der Partie. Für die musikalische Begleitung des Sommerfestes sorgte der AfD-Unterstützer Michael Heck aus Kirchhain (In dem Baumgarten 18, 35274 Kirchhain). Auf seiner Facebookseite kommentierte er den Auftritt wie folgt: „Heute durfte ich mal meine politische Einstellung und mein Hobby Musik miteinander kombinieren und fand es einen super schönen Nachmittag…“

Michael Heck zeigt auf Facebook seine AfD-Sympathie

Für den 22.09.23 kündigte die AfD Marburg-Biedenkopf eine Saalveranstaltung im Bürgerhaus Breidenbach an. Als Redner waren Dirk Spaniel (MdB), Andreas Lichert (MdL) (1, 2) und die Direktkandidatin für die Region, Sonja Merkel, angekündigt. Eine Woche später, am 29.09.23, laden sie in die Mehrzweckhalle Anzefahr-Kirchhain ein. Hier sollen Norbert Kleinwächter (MdB), Robert Lambrou (MdL) und Pascal Schleich sprechen.

In weiten Teilen des Landkreises und in der Stadt Marburg sind kaum Aktivitäten der Partei festzustellen. Dennoch veranstaltete die Partei am 23.09.23 einen Infostand am Erwin-Piscator Haus in der Marburger Innenstadt. Dabei wurden Gegendemonstrant*innen fotografiert und die Bilder anschließend auf der Facebookseite des Kreisverbandes veröffentlicht. Allerdings scheint sich die AfD hauptsächlich am westlichen Rand des Landkreises zu konsolidieren und ihre Strukturen zu verfestigen. In dieser Gegend wohnen viele aktive Parteimitglieder, die Unternehmen besitzen oder in Vereine eingebunden sind. Seit diesem Jahr verfügen sie dort zudem über eigene Räumlichkeiten und können relativ ungestört agieren.

Die DirektkandidatInnen

Pascal Schleich

Hauptstraße 28

35315 Homberg (Ohm)

Zu Pascal Schleich wurde bereits ein Steckbrief veröffentlicht. Er ist sowohl Direktkandidat für den Wahlkreis Marburg-Biedenkopf II, als auch auf Listenplatz 21 der Landesliste.




Sonja Merkel

Hintergasse 40

35216 Biedenkopf

Ihren Kulturkampf von rechts lebt Sonja Merkel gerne auf X (früher Twitter) aus. Inhaltlich teilt sie dabei alle gängigen rechten Narrative und bedient sich von Julian Reichelt bis zum Compact-Magazin. So wird sie nicht müde, regelmäßig – sobald es in den Sommermonaten warm ist – den menschen-gemachten Klimawandel in Frage zu stellen. Gesellschaftlicher Wandel von Familien- und Rollenbildern scheint sie zu verunsichern. So beteiligte sich Sonja Merkel an der rechten Hetze gegen eine Kita im Landkreis, die den Eltern mitteilte, am Mutter- und Vatertag keine Geschenke mehr mit den Kindern zu basteln. Immer wieder betont sie, dass Männer keine „Weichspülerrambos“ sein sollen. Garniert werden vergleichbare Posts mit Bildern von Wikingerkriegern; „Ganze Kerle“ werden von ihr groß, kräftig und soldatisch dargestellt.

Des Weiteren negiert sie regelmäßig die historische Singularität des Deutschen Nationalsozialismus. Durch ihre Gleichsetzungen relativiert sie die Verbrechen der Deutschen : „Die DAP (später NSDAP) und ihr 25-Punkte Plan. Könnte auch von den Grünen kommen“,

oder: „Es SIND echte Neonazis. Ich halte mich da gerne an die Definition von Paxton, wobei Nationalität beliebig mit Corona/Klima-Sekte ersetzt werden kann“. Sie propagiert auf der einen Seite, dass nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine die Russen die neuen Juden seien. Andererseits verbreitet sie antisemitische Karikaturen, auf denen zu sehen ist, wie hakennäsige Kellner Tabletts voller Geld an einen Tisch tragen, der mit „Krieg“ beschrieben ist. Währenddessen gehen die Tische „Kunst“, „Wissenschaft“, „Bildung“ usw. leer aus. Die Kellner sollen durch die dargestellten Körpermerkmale Juden als Finanziers hinter dem Krieg markieren. Gleichzeitig adressiert sie einen Post mit den Worten „Derlei ‘Journalismus’ gabs schonmal…“ an den Spiegel. Dazu teilt sie ein Bild von „Der Stürmer“ aus 1936 mit dem Titel „Weltverschwörer: Die enthüllten Geheimnisse der Weißen von Zion“. Auf dem Titelbild des Stürmers sind ähnliche Wahnvorstellungen von Juden abgebildet.

Der Ukrainekrieg beschäftigt Sonja Merkel generell sehr. Sie verbreitet in diesem Kontext immer wieder verschiedene russische Propagandanarrative, wie etwa, dass man „auf Kuschelkurs“ mit Nazis gehe, wenn man sich an der Seite der Ukraine positioniert. Auch Putin, der „starke“ Mann, hat für sie eine offensichtliche Anziehungskraft.

Mit Posts wie diesem propagiert sie „ethnische Vielfalt“, die durch „Vermischung“ zerstört werden würde. Dies ist ein klassisches Beispiel dafür, wie Rassismus gegenwärtig von der sogenannten „neuen Rechten“ vertreten wird: das Konzept vom eigenen Volkskörper, der auf seiner Scholle ohne fremde Einmischung in den Genpool vor sich hin vegetiert. In ihrem Post wird dem „Ethnopluralismus“ eine geschlechtliche Vielfalt gegenübergestellt, welche von den „Eliten“ gelenkt würde. Das stellt ein Verschwörungsnarrativ dar. Die instrumentelle Gegenüberstellung geschlechtlicher und ethnischer Vielfalt, die eine Gleichwertigkeit ethnischer Gruppen im rechten Weltbild suggeriert, darf nicht über ihren Rassismus hinwegtäuschen. Ihr geschlossen rassistisches Menschenbild zeigt sich demnach auch in anderen von ihr geteilten Posts.

Auf das deutsche Sozialsystem bezogen verkündet sie ihre Überzeugung wie folgt: „Es soll Menschen auffangen, die alt oder krank sind und nicht die Arno Dübels dieser Welt durchfüttern, die der Ansicht sind, man könne in einem Sozialstaat leben und hätte ein Recht auf bezahlte Faulheit“. Auch hier zeigt sie ihren Sozialchauvinismus und Rassismus, denn in dieser Aussage spielt sie auf Einwanderung ins deutsche Sozialsystem an und setzt den Wunsch nach einem guten Leben migrantisierter Menschen mit Faulheit gleich.

Obwohl Sonja Merkel ihre menschenverachtenden Positionen in die Welt posaunen darf, wähnt sie sich in einer Diktatur. Auf die Frage „Leben wir noch in einer Demokratie?“ antwortet sie: „Nein, tun wir nicht. Aber wir werden sie gemeinsam wiederherstellen.“ Die Geschicke der Welt werden in ihren Augen von pädophilen Eliten gelenkt, die sie immer wieder mit antisemitischen Stereotypen, wie Hakennasen, kennzeichnet. Abgerundet werden diese Vorstellungen durch Reposts, z.B. des Höcke-Zitats „Die EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann“, oder Werbung für den „Stolzmonat“, der von Rechtsradikalen als Gegennarrativ zum queeren „Pridemonth“ ins Leben gerufen wurde.

Mit Sonja Merkel als Direktkandidatin für Marburg Biedenkopf I hat sich die AfD Marburg-Biedenkopf klar positioniert. Sie haben eine Frau aufgestellt, die ihren Hass auf alles, was nicht in ihr völkisches und antiquiertes Weltbild passt, offen zeigt. Sollte sie jemals irgendwo gewählt werden, wird sie genau das versuchen umzusetzen.