Kampagnenaufruf
STADT, LAND, VOLK – Netzwerke völkischer und („neu“-)rechter Bewegungen bekämpfen!
24.03.2017
Eine differenzierte Nazikeule
In ganz Europa sind rechte, völkische Akteure im Aufwind. Dies gilt mit Pegida, AfD und Identitärer Bewegung u.a. insbesondere auch für Deutschland. „Alte Rechte“, also solche die ideologisch wie propagandistisch in unverhohlener Tradition der faschistischen Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts stehen, bewahren dabei zwar ihre regionale, bisweilen lebensgefährliche Relevanz, sind jedoch zumeist nicht offen, sondern über Querverbindungen oder als pseudo-deradikalisierte „Neu-Rechte“ Teil dieses Projekts. Die AfD fungiert dabei als legaler institutionalisierter Rahmen, der von rechts-liberalen Ex-CDU/FDP’lern, über rechte Intellektuelle wie die „Konserativen Revolutionäre“ bis hin zu neonazistischen (Ex-)Kadern alle zusammenbringt, soweit sie bereit sind, sich mit Lippenbekenntnissen von NS und Co. zu distanzieren.
Innerhalb der AfD geht die Initiative hierbei vor allem vom völkischen Flügel um Björn Höcke aus, repräsentiert bspw. über die „Patriotische Plattform“ und mit dem Jugendverband, der Jungen Alternative (JA), im Rücken. Austritte seitens gemäßigterer Rechter, sowie die Unfähigkeit der Verbliebenen, ihn zu zügeln, oder auch nur mittels Ordnungsmaßnahmen zu sanktionieren, sind Ausdruck des Erfolges im innerparteilichen Machtkampf. Honoriert mit stetig steigenden Wahl- und Umfragewerten geht die AfD so bisher aus jeder Auseinandersetzung stärker und völkischer hervor. Dies ist die Parlamentarische Wirkmächtigkeit der subversiven deutschen Erweckungsbewegung, an der sie, wie wir im folgenden aufzeigen wollen, gemeinsam mit einem ganzem Netzwerk „neu rechter“ Akteure arbeiten.
Neu ist immer besser!?
Mit dem Begriff „Neue Rechte“ versuchte die extreme Rechte schon vor über 30 Jahren zu suggerieren, dass sie mit dem Nationalsozialimus nichts mehr gemein hätte. Statt einer politischen Kritik des Nationalsozialismus wurde Betätigung in dessen Geiste im „geläuterten“ Deutschland mit einem Tabu belegt, was gemeinhin als „Nazikeule“ bezeichnet wird. Genau dieser Mechanismus soll mit neurechten Strategien ausgenutzt und aufgebrochen werden. Via Kommunikations- und Machtstrategien wird ein ideologischer Bruch vorgetäuscht, wenngleich eigentlich nur Reizwörter vermieden und Schlüsselelemente völkischer Propaganda codiert wiedergegeben werden. Aus dem propagierten Widerstand gegen den „Volkstod“ neonazistischer Kameradschaften wird der gegen den „Großen Austausch“ einer Identitären Bewegung oder die „Umvolkung“ bei Kudla (CDU) und Gauland (AfD).
AfD und JA als parlamentarischer Arm des neuen völkischen Projekts
So dehnen Alternative für Deutschland und Junge Alternative die Grenzen des Sagbaren gezielt immer weiter aus. Da wird dann ein Schießbefehl gefordert oder über „afrikanische Ausbreitungstypen“ schwadroniert. Der Deutsche Mob („Das Volk“) ist hier stets gleichzeitig Adressat und Legitimationsbasis, die AfD Vollstrecker des Volkswillen. Im Gegensatz zu den „Altparteien“ bemühen sie sich um „Volksnähe“ indem sie den „Volkszorn“ kanalisieren und gegen Feinde im äußeren (z.B. Geflüchtete) oder inneren („Volksverräter“) lenken. Die allgegenwärtige, verschwörungstheoretisch aufgeladene „Volk/System“-Dichotomie, geht dabei mit einem Volksbegriff einher, den manche AfD-Funktionäre scheinbar direkt aus NS-Zeiten übernommen haben (s.u.: Fabian Flecken).
Mit diesem Programm zeichnet sich die AfD zum Einen für Diskursverschiebungen und damit einhergehenden (von CDU und SPD umgesetzten) realpolitischen Umwälzungen (Asylrechtsverschärfungen, Grenzschließungen, Abschiebeabkommen mit Diktatoren) verantwortlich, welche besonders für die Menschen auf der Flucht tausendfaches Leid bis hin zum Tod bedeuten. Ohne AfD und den Mob auf der Straße, sowie die ihr verbundenen Bewegungen im Rest Europas wäre das im Zuge des „arabischen Frühlings“ kollabierte Grenzregime weder so schnell, noch so stark wiedererrichtet worden.
Dass es mit der (zumeist) legalen Agitation nicht getan sei, lassen regelmäßig wiederkehrende Andeutungen und Ausführungen über einen Umsturz im Sinne der „Konserativen/Nationalen Revolution“ vermuten. Vor allem findet man solche bei jenen Kreisen, die neben oder sogar in der Partei mit Aktivisten der „Identitären Bewegung“, oder dem IfS um Götz Kubitschek, verkehren. Diese bezieht sich ganz offen auf jene völkische Strömung in der Weimarer Republik, die nicht unerheblichen Anteil am Aufstieg des Nationalsozialismus hatte. Arthur Moeller van den Bruck, Ernst Jünger, aber auch französische und italienische Faschisten sind hier ideelle Ahnherren.
Drohungen wie: „Wenn wir kommen, wird aufgeräumt!“, die der JA-Vorsitzende Markus Frohnmaier auf einer AfD-Demo in Erfurt ausrief, werden tausendfach schon jetzt in die Tat umgesetzt, wie sich in Übergriffen, Anschlägen und Pogromen offenbart.
Die JA-Hessen als „völkische Plattform“?
Die JA-Verbände stehen fast überall treu an der Seite des völkischen Höcke-Flügels. Dabei bildet Hessen keine Ausnahme. Ein Besuch der JA Hessen-Website zeigt dies deutlich. Noch bevor der eigentliche Internetauftritt abrufbar ist, wird ein Timer eingeblendet. Bei dessen Ablauf, so die Überschrift, seien „wir Deutschen zur Minderheit im eigenen Land“ geworden. Damit bedienen sie vor allem die „neu rechte“-Abwandlung der neonazistischen Volkstod-Theorie (s.o „neue“ Rechte?). Dazu passt das Personal. Schon die Vorsitzenden, Jan Nolte und Fabian Flecken, sind ein Statement. Beide haben bei den öffentlichen Kontroversen um menschenfeindliche Aussagen, sei es von Storch, Petry oder jüngst Höcke, diesen den Rücken gestärkt. Nolte relativert dabei zumeist, bzw. wittert Lügen und Verschwörungen. Dabei gibt er nach außen den Biedermann, während er auf seinem privaten Facebook-Profil Fan diverser Bekleidungsmarken aus dem neonazistischen Kampfsport- und Hooliganmilieu ist. Flecken hingegen schreibt sogar eigene Artikel für die „Patriotische Plattform“, in deren Bundesvorstand er Beisitzer ist. Jüngst forderte er dort mehr Engagement für die „Volksdeutschen“ in der „Alten Heimat“ und hielt so in NS-Sprech fest, dass „deutsch sein“ für ihn immer noch eine Sache des Blutes sei.
Aber auch als JA-Hessen ist die inhaltliche Ausrichtung eindeutig. So ist der Debattenbeitrag „Kampf um die Wörter“, der auf ihrer Facebookseite erschien, in dankenswerter Klarheit verfasst. Im Anschluss an die Forderung von AfD-Bundessprecherin Frauke Petry den Begriff „völkisch“ „aus dem Giftschrank der Geschichte“ zu holen, äußern sie sich zustimmend. Darüberhinaus wird „neu-rechte“ Diskursstrategie an sich erörtert und einige thesenhafte Handlungsanweisungen angeboten. An erster Stelle wird dabei diskutiert, den Begriff des „Nationalsozialimus“ ebenso zu rehabilitieren, „aus pragmatischen Gründen“ jedoch davon Abstand genommen zu haben. Pikanter noch als der Text selbst ist jedoch der Autor:
Maximilian Kolb, Beisitzer im JA-Landesvorstand und aktives Mitglied der Marburger Burschenschaft Germania. Diese stand bereits mehrfach im Fokus der Öffentlichkeit, da die Mitglieder sich mehrheitlich aus dem neonazisitischen Spektrum rekrutieren, ebenso wie diverse Referenten, die im Rahmen politischer Vorträge Gast auf dem Germanenhaus waren. Das höchste Amt im Bund übernahm Kolb jüngst von Philip Stein, einem Neonazi, welcher in der Vergangenheit bspw. Infomaterial für den Neonaziaufmarsch verteilte, auf dem auch Björn Höcke zugegen war, sich jüngst aber immer wieder als „neuer Rechter“ zu präsentieren versucht. So vor allem in seiner Zusammenarbeit mit Götz Kubitschek im Rahmen der „Ein Prozent-Initative“. Das Kolb Anführer einer Naziburschenschaft ist, scheint weder in der JA noch in der AfD zu stören. Auch nach dem öffentlichen Hinweis auf seine Aktivitäten wird an ihm festgehalten. Dies und die Tatsache, dass gerade ein Neonazi wie Kolb in der hessischen JA den Raum bekommt, die ideologische Ausrichtung mitzubestimmen, bestätigt, was mit Fabian Fleckens sprachlichen und ideologischen, sowie Jan Noltes modischen NS-Anleihen bereits deutlich wurde: Verbindungen zur, Gedankengut aus und Aktivität im neonazistischen Mileu sind in der Hessischen JA bis in die höchsten Positionen weder unüblich noch problematisch. Die oben beschriebenen Entwicklungen sind dabei nicht isoliert zu betrachten, sondern regionale Ausprägung eines bundesweiten völkischen Netzwerks, welches sich besonders um Höcke und Götz Kubitschek formiert hat.
Rechtsradikale Strukturen sind sowohl in der Hessischen Provinz als auch in den Städten nichts Neues. Neu ist, dass diese Positionen gesellschaftlich etablierter sind als noch vor einigen Jahren und ihre Stimme in der AfD gut aufgehoben wissen. Egal ob in der Stadt oder auf dem Land: das Volk tobt. In der AfD hat der rassistische Mob einen neuen Organisierungsgrad erreicht, der sich aber nicht nur auf parlamentarischem Wege Ausdruck verleiht; flankiert von Nazis, Burschen, Identitärer Bewegung und vielen anderen extremen Rechten wird am faschistischen Umsturz gefeilt. Denn egal ob „alt“ oder „neu“, ja selbst egal ob Verbindungen zum Neonazismus bestehen, weite Teile der JA und AfD, Identitäre und DB-Burschen sind schlichtweg Faschisten, im besten Sinne der italienischen Anfänge.
Es gilt für antifaschistische Zusammenhänge das Versteckspiel der „Neuen Rechten“ aufzudecken und diese in der Stadt und auf dem Land zu bekämpfen!